Eine Studie hat sich jüngst mit dem Inhalt von Handtaschen beschäftigt. Und beziffert seinen Wert auf durchschnittlich 1.100 Euro. Ein sattes Sümmchen. Ich habe das für Deutschland mal kurz hochgerechnet: Die rund 34 Millionen Frauen über 20 tragen also tagtäglich gut 37 Milliarden Euro mit sich herum, vergraben in Sedimentschichten aus gebrauchten Taschentüchern, Lippenstiften, Parfüm-Pröbchen, Notfall-Tampons und Myriaden von alten Einkaufszetteln und Kaugummi-Papierchen. Damit führen wir mehr als den Gegenwert der Schwabinger Kunstfunde ganz en passant in unseren Handtaschen spazieren. Und kramen darin, das will eine weitere Studie wissen, rund 76 Tage unseres Lebens herum. In Untiefen, in denen das Siechtum lauert: Unsere Taschen sind nämlich nicht nur schwarze Löcher, die unseren Krimskrams schlucken und nur vielleicht wieder ausspucken – sie sind auch hochgradig mit Bazillen kontaminiert, jede fünfte Handtasche stellt aufgrund ihrer Belastung mit Keimen sogar ein gesundheitliches Risiko für die Umwelt dar.
Aber deshalb von unseren liebsten Begleiterinnen lassen? Undenkbar. Unsere Taschen sind stets an unserer Seite, jeden Tag, ein ganzes Leben lang. Mit einem Erste-Hilfe-Paket aus Tempos, Regenschirm, Kopfschmerztabletten und Blasenpflastern sind sie immer für uns da. Wie einer guten Freundin vertrauen wir ihnen unsere Geheimnisse an. In fremden Taschen kramen? Ein Unding, etwa so tabu wie anderer Menschen Briefe zu öffnen oder ihre WhatsApp-Nachrichten zu lesen. Ebenso beständig wie die Beziehung zur besten Freundin ist auch die zur Tasche: Eine Handtasche wirft man nicht weg. Niemals. Es kommen höchstens neue hinzu. Freundinnen kann man ja auch nie genug haben.
Eine Psychologin will übrigens vier Handtaschenträgerinnentypen identifiziert haben. Jeweils mit diversen Untertypen. Je nachdem, ob Sie eine Notfall-Strumpfhose, eine Yogamatte oder Kondome einstecken haben, sind Sie dann Tigerwoman oder Lady Macchiato. Da halte ich es doch lieber mit „Feng-Shui für Taschen“. Danach bin ich mit meiner Pailletten-Clutch nämlich ein Feuermensch. Kein Wunder, schließlich brenne ich ja auch für Taschen.
(Die Glosse erschien am 22. November 2013 in der Printausgabe der WELT Kompakt und ist hier online zu lesen.)