Ausdruck von: http://www.modekolumne.de/index.php/fashion/style/Daunenmantel-Wintermantel

Sonntag, 16. Dezember 2012 um 09:20 Uhr

Wer schön sein will, muss frieren.

(Eine daunige Winterkolumne von Susanne Ackstaller.)

Der Winter macht jeden Gang vor die Tür zur modischen Prüfung. Und Shopping-Touren zum stilistischen Dilemma. Denn bei Minusgraden müssen wir unser wahres Ich outen: Sind wir Weichei oder en vogue? Lieben wir es schön warm – oder schön sexy? Im Klartext: Sind wir Pirelli-Mädchen oder Michelin-Moppel?

Dabei könnte es – alle Jahre wieder – im Winter so wunderschön sein. Eigentlich. Der leise rieselnde Schnee. Die klingenden Glöckchen. Das sonore Ho-ho-ho! der bärtigen Männer in Coca-Cola-Rot. Wir könnten den unvergleichlichen Duft aus Glühwein, Lebkuchen und Nordmanntanne auf den Weihnachtsmärkten der Republik genießen. Winterrote Wangen für natürliche Frische. Leuchtende Augen, die mit den Kerzen und Lichterketten um die Wette funkeln.

Kurz gesagt: Winter Wonderland wäre Idylle pur. Wenn – ja, wenn! – uns die Modedesigner nur endlich den perfekten Wintermantel bescherten. Wenn sie uns endlich vom Presswurst-Look, auch bekannt als „Daunenmantel“, befreiten. Ebenso city- wie himalajatauglich müsste dieser Mantel sein. Kuschelig warm – und dabei so elegant wie für eine Kutschfahrt im Central Park, wie die schwingenden, nerzverbrämten Capes der Fünfziger Jahre, wie ... ach, träum weiter!

Eines ist so sicher wie Weihnachten am 24. Dezember: Wer es wirklich warm will, kommt am Daunenmantel nicht vorbei. Doch egal ob edle Eiderente oder profanes Gänsegefieder, die Formlosigkeit ist hier Grundprinzip. Da hilft es auch nichts, wenn wir den Gürtel ums Steppmäntelchen noch ein wenig enger schnüren (im Gegenteil), das Daunentönnchen in schmalem Schwarz wählen oder darauf hoffen, dass voluminöse Kapuzen (mit Webpelz, versteht sich!) den Moppel-Rest von uns schlanker machen. Nein, blicken wir der frostigen Wahrheit ins Auge: Bis der eierlegende Wollmilchmantel erfunden ist, bleibt „Wer schön sein will, muss frieren“ das neue Leiden. 

Verfrorenen Fashionistas bleibt deshalb nur eines: daheimbleiben. Den Kamin anmachen, Morgen- statt Wintermantel tragen und Glühwein anliefern lassen. Und warten. Geduldig warten. Bis die ersten Schneeglöckchen und Krokusse sprießen, eine Frühlingsbrise den Eiswind vertreibt und unser Land wieder daunenmantelfreie Zone wird.

(Die Kolumne erschien am 14. Dezember 2012 in der Welt Kompakt und ist hier online zu lesen.)

Sonntag, 16. Dezember 2012 um 09:20 Uhr